Der Wohlstand Europas beruht schon allzu lang auf billiger Energie aus Russland, dem riesigen chinesischen Markt und amerikanischen Sicherheitsgarantien. 2023 muss Europa dieser Realität ins Auge blicken und mutig vorangehen. Wir müssen Abhängigkeiten reduzieren und zugleich unsere Weltoffenheit bewahren. Europa muss erneuerbare Energien massiv ausbauen, sich in sensiblen Bereichen von vorherrschenden Lieferketten lösen, veraltete Industrien umstellen und die eigene Sicherheit selbst in die Hand nehmen.
Darüber hinaus braucht Europa mehr Mut, die Welt zu gestalten. Europa muss das Momentum für die ökologische Wende nutzen und seine globale Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel festigen. Die ehemaligen Wirtschaftsgroßmächte der EU, wie auch Großbritannien und andere müssen ihre Ökonomien stabilisieren und an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, indem sie in Technologie und Innovation investieren.
Europa muss die Größe seines Binnenmarkts effektiver einsetzen, um weltweite Standards anhand der eigenen Werte und Interessen zu etablieren. Darüber hinaus müssen wir unsere demokratischen Prinzipien noch deutlicher gegen autoritäre Einflüsse verteidigen. Und wir müssen die Komplexität unserer Welt verstehen, indem wir Annahmen hinterfragen, Experimente wagen und Risiken eingehen.
„Bold“ bedeutet, einen klaren Plan zu haben. Gemeinsam etwas zu riskieren. Es ist die Bereitschaft, schnell und unerschrocken zu handeln. Wir haben keine Wahl: die Welt braucht ein starkes, geeintes und mutiges Europa. Bold Europe
Wir sind mit vielen Krisen gleichzeitig konfrontiert: die instabile geopolitische Lage, der Verlust biologischer Vielfalt, zunehmende Ungleichheit und ein Planet, der sich immer weiter erwärmt – diese Faktoren haben sich zu einer einzigen großen Krise verwoben. Wir reduzieren unseren Treibhausgasausstoß nicht schnell genug und passen uns nicht ausreichend an die Folgen des Klimawandels an. Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu beschränken, ist dadurch massiv gefährdet. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, die Klimakrise als letzte Chance für systemische Veränderungen, transformative Lösungen als auch für soziale und technologische Innovationen zu begreifen. Mit dem Climate Track zeigt das EFA verschiedene Ansätze auf und diskutiert einen beschleunigten Übergang zu einer Netto-Null-Zukunft. Diese erfordert neues wirtschaftliches Denken, eine mutigere Politik, strategische Klimafinanzierung und eine ermächtigte Zivilgesellschaft. Beim EFA kommen politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger:innen mit Aktivist:innen und Vertreter:innen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen, um eine Grundlage für gemeinsame Klimaschutzmaßnahmen zu finden.
Europas Erfolgsgeschichte der Nachkriegszeit ist in den letzten 20 Jahren ins Stocken geraten. Diese Stagnation führte zur Abnahme der Wettbewerbsfähigkeit und zu wirtschaftlichen Ungleichgewichten. Als Folge nahmen die sozialen Ungleichheiten zu. Die Pandemie und der russische Angriffskrieg in der Ukraine haben etablierte Lieferketten unterbrochen und die globale Wettbewerbsposition ins Wanken gebracht. Europa muss handeln – und zwar schnell.
Wir müssen wirtschaftliche und sicherheitspolitische Abhängigkeiten reduzieren sowie die ökologische und digitale Wende mit Nachdruck vorantreiben. Nur ein resilientes und starkes Europa wird unsere Unabhängigkeit in den kommenden Jahren sichern. Ein stärkerer Fokus auf Bildung, Innovation und Forschung ist hierfür notwendig, wie auch eine robuste digitale Architektur und solide Kapitalmärkte. Europa muss auf den Stärken der sozialen und integrativen Marktwirtschaft aufbauen und tragfähige Lösungen finden, um seine Erfolgsgeschichte wieder in Gang zu bringen.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine war ein Wendepunkt für die europäische Sicherheit. Er ist nicht nur ein Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, sondern auf unsere liberale Gesellschaft und unseren Rechtsstaat. Die europäische Sicherheit wird auch durch hybride Angriffe und Abhängigkeiten in strategischen Sektoren untergraben. Der Trend zu einer multipolaren Welt, der sich verschärfende Wettbewerb zwischen den USA und China sowie die Erosion des Multilateralismus schaffen eine herausfordernde geopolitische Situation, in der sich die EU positionieren muss. Im Rahmen des EFA werden politische Entscheidungsträger:innen, zivile und militärische Expert:innen, Führungskräfte aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft und insbesondere junge Menschen Lösungsansätze für Europa erarbeiten.
Nach jahrzehntelanger Expansion ist die Demokratie seit 2005 weltweit im Rückgang. Autoritäre Politik nimmt zu und polarisiert. Bürger:innen sind zusehends desillusioniert und verlieren das Vertrauen in die repräsentative Demokratie. Desinformation sowie das tiefe Misstrauen in die etablierten Medien, in institutionelle Wissenschaft und Informationskanäle spielen dabei eine Rolle, genauso wie Ungleichheit und das nicht eingelöste Versprechen sozialen Aufstiegs. Europäische Demokratien müssen widerstandsfähiger und inklusiver werden. Globale Allianzen aus demokratischen Staaten, Zivilgesellschaft und Expert:innen müssen mobilisiert werden, um geeignete Lösungen für den heutigen Informations- und Technologiekontext zu schaffen. Das European Forum Alpbach bringt alle Akteur:innen des demokratischen Ökosystems zusammen, damit sie Lösungen finden und gemeinsam Veränderungen anstoßen.
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